Die wichtigsten Fakten über Innenraumrichtwerte

Im Zuge der Corona-Pandemie ist das Thema Luftqualität in Innenräumen verstärkt in den Fokus der Öffentlichkeit geraten. Das liegt vor allem daran, dass die in der Luft enthaltenen Aerosole zu den zentralen Überträgern von Viren wie COVID-19 gehören. Doch auch darüber hinaus bergen Aerosole gesundheitliche Risiken, etwa wenn sich karzinogene chemische Verbindungen daran anlagern. Eine entsprechend große Bedeutung kommt einer regelmäßigen Lüftung und einer Einhaltung wissenschaftlich fundierter Richtwerte zu. Die wichtigsten Richtwerte und Möglichkeiten zu ihrer Umsetzung lernen Sie in diesem Artikel kennen.

 

Über den Ausschuss für Innenraumrichtwerte (AIR)

Die Innenraumluft ist der zentrale Eintragspfad für organische und anorganische Verbindungen. Deshalb bestimmt der Ausschuss für Innenraumrichtwerte (AIR) regelmäßig gesundheitsbezogene Richtwerte und hygienische Leitwerte für die Luftqualität in Innenräumen öffentlicher und privater Gebäude. Auf dieser Grundlage lassen sich Konzentrationen von Chemikalien in der Innenraumluft systematisch bewerten.

Dem Ausschuss gehören Experten des Bundes und der Länder an, deren Benennung auf Mandat der Arbeitsgemeinschaft der Obersten Landesgesundheitsbehörden (AOLG) erfolgt. Darüber hinaus können je nach Notwendigkeit weitere Experten für die Arbeit im AIR berufen werden – etwa aus dem Bundesinstitut für Risikobewertung, der Kommission Innenraumlufthygiene (IRK) des UBA, dem Deutschen Institut für Bautechnik (DIBt) und dem Institut für Arbeitsschutz der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung (IFA).

Seinen Arbeitsauftrag erhielt der Ausschuss im Jahr 1994 von den Gesundheitsministern der Länder. Seitdem besteht sein Hauptziel darin, bundeseinheitliche Standards für die gesundheitliche Bewertung von Schadstoffen in der Innenraumluft festzulegen. Mit der Gründung begegnete man den damals sehr uneinheitlichen Bewertungen der Länder und brachte klare Bewertungsmaßstäbe auf den Weg. Anfangs noch als Ad-hoc-AG Innenraumluft betitelt arbeitet das Gremium heute als Ausschuss für Innenraumrichtwerte an der Daueraufgabe Luftqualitätsverbesserung.

 

Was sind Innenräume?

Gemäß Definition der Sachverständigen für Umweltfragen (SRU) handelt es sich bei Innenräumen um:

  • Private Wohnungen mit Wohn-, Schlaf-, Bastel-, Sport- und Kellerräumen, Küchen und Badezimmern
  • Arbeitsräume in Gebäuden, die im Hinblick auf gefährliche Stoffe nicht dem Geltungsbereich der Gefahrenstoffverordnung (GefStoffV) unterliegen wie etwa Büroräume
  • Innenräume in öffentlichen Gebäuden (Krankenhäuser, Schulen, Kindertagesstätten, Sporthallen, Bibliotheken, Gaststätten, Theater, Kinos und anderen öffentliche Veranstaltungsräume)
  • Innenräume von Kraftfahrzeugen und öffentlichen Verkehrsmitteln

 

Diese Richtwerte für Innenraumluft gibt es

Um die Qualität der Innenraumluft in öffentlichen und privaten Gebäuden zu bewerten, nutzt der Ausschuss für Innenraumrichtwerte einen Vorsorge- und einen Gefahrenrichtwert sowie einen hygienischen und einen risikobezogenen Leitwert.

Richtwert I (Vorsorgerichtwert):
Der Vorsorgerichtwert gibt die Konzentration eines Schadstoffs in der Innenraumluft an, bei dessen Beachtung nach aktuellem Forschungsstand auch bei lebenslanger Exposition keine gesundheitlichen Schäden zu befürchten sind. Wird der Richtwert I überschritten, sollte vor dem Hintergrund der Vorsorge gehandelt werden. Parallel dazu sollten Maßnahmen ergriffen werden, mit denen sich die Schadstoffkonzentration verringern lässt. Somit kann der Richtwert I als Ziel bei einer geplanten Sanierung genutzt werden.

Als Gegenstück zu den Gefahrenrichtwerten betont der Bewertungsmaßstab, dass es sich bei umweltbezogenem Gesundheitsschutz immer auch um eine langfristige Vorsorge weit unterhalb von Gefahrenschwellen handelt.

Einen Überblick über die Richtwerte finden Sie auf der Webseite des Umweltbundesamtes.

Richtwert II (Gefahrenrichtwert):
Bei der zweiten Kenngröße handelt es sich um einen wirkungsbezogenen Wert. Er bezieht sich auf die aktuellen toxikologischen und epidemiologischen Kenntnisse zur Wirkungsschwelle von Schadstoffen. Wird er erreicht oder überschritten, muss umgehend gehandelt werden – etwa durch Schließung der Räumlichkeiten. Andernfalls drohen mit hinreichender Wahrscheinlichkeit Schäden für die Gesundheit.

Die Einführung von Gefahrenrichtwerten geht auf die zentrale Forderung zu Beginn der Ausschussarbeit in den 90er Jahren zurück, einen Bezug zum Baurecht herzustellen. In den Bauordnungen der Länder hieß es unter anderem: „Bauliche Anlagen müssen so beschaffen sein, dass Gefahren durch chemische, physikalische oder biologische Einflüsse nicht entstehen.“ Entsprechend zentral war die Notwendigkeit, diesen Aspekt mit den Richtwerten zu berücksichtigen.

Einen Überblick über die Richtwerte finden Sie auf der Webseite des Umweltbundesamtes.

Hygienischer Leitwert:
Der hygienische Leitwert gibt Schwellenwerte für die Konzentration von Kohlendioxid, Kohlenmonoxid und Feinstaub an. Im Rahmen von Erhebungen wurde festgestellt, dass hohe Konzentrationen dieser Stoffe in der Raumluft die Wahrscheinlichkeit für gesundheitliche Beschwerden erhöhen. Mit den bisherigen wissenschaftlichen Erkenntnissen kann jedoch noch kein rein toxikologisch begründeter Richtwert abgeleitet werden. Für Kohlendioxid, Kohlenmonoxid und Feinstaub wurden daher die folgenden Leitwerte eingeführt.

Risikobezogene Leitwerte:
Die risikobezogenen Leitwerte machen Angaben zum gesundheitlichen Risiko krebserzeugender Stoffe in der Innenraumluft. Sie basieren auf Messdaten der Innenraumluft zum Vorkommen untersuchter Substanzen und toxikologischen bzw. epidemiologischen Daten zur Expositions-Risiko-Beziehung. Zu Stoffen dieser Kategorie gehören beispielsweise Benzole.

Einen Überblick über die risikobezogenen Leitwerte finden Sie auf der Webseite des Umweltbundesamtes.

Allein in den vergangenen 10 Jahren hat der AIR Richt- und Leitwerte für mehr als 45 Schadstoffe bzw. Schadstoffgruppen abgeleitet, die zusammen mit detaillierten Begründungspapieren im amtlichen Teil des Bundesgesundheitsblatts veröffentlicht wurden.

 

Möglichkeiten zur Umsetzung der Innenraumrichtwerte

Grundvoraussetzung für eine Umsetzung der Innenraumrichtwerte ist eine beständige Luftzirkulation innerhalb des Gebäudes. Diese ist jedoch nicht ohne Weiteres zu erreichen. Da moderne Gebäude im Interesse einer möglichst hohen Energieeffizienz immer dichter gebaut werden, kann immer weniger Luft über kleine Spalten und Ritzen ausgetauscht werden. Deshalb wird eine regelmäßige Öffnung des Fensters erforderlich.

Problematisch ist dies allerdings zum Beispiel in Büros, wenn die Fenster aufgrund von schlechter Witterung oder Verkehrslärm nicht permanent geöffnet werden können. Auch besteht in Privaträumen das Problem, dass die meisten Menschen tagsüber nicht zuhause sind, weshalb eine Lüftung nur morgens und abends möglich ist.

Aus diesen Gründen ist in vielen Fällen eine dezentrale Lüftungsanlage die beste Wahl. Sie saugt verbrauchte Luft aus Nutzräumen wie Küchen und Bädern an und führt Frischluft von außen in das Innere der Gebäude. So ist ein beständiger Zustrom unbelasteter Luft sichergestellt. Mit Technologien wie Wärmetauschern kann dabei sogar die Wärmeenergie der Abluft auf die Frischluft übertragen werden.

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